Ausflug in die Steinzeit

liebe leute,

zum ersten mal seit tagen etwas freizeit, die ich für eine reisetagebuch-aktualisierung nutzen kann:  heute checkten wir in einem vornehm-komfortablen hotel ein mit fantastischem blick vom zimmerbalkon über einen pool in den tief unter uns liegenden dichten dschungel, in der ferne zwischen grünen hügeln zwei grabenbruch-seen.  einen davon hatten wir heute vormittag per boot erkundet und dabei riesige nilkrokodile und einige flusspferdfamilien beobachtet.

die letzten tage waren wir teils ohne jeden internetkontakt im äthiopischen süden nahe der kenianischen grenze unterwegs, wo wir in unserem gruppenbus endlosen staubpisten durch dichten dschungel und blühende savanne folgten und auch im einbaum über den omo river wegsetzen.  die gegend liegt im großen grabenbruch und ist ihrerseits von hohen gebirgszügen strukturiert, die durch tiefe kerbtäler getrennt sind.  zurzeit ist die ganze gegend grün und blühend und wirkt im strahlenden sonnenlicht oft geradezu paradiesisch.

wir besuchten verschiedene stämme, die hier seit schier ewigen zeiten auf verschiedenen kulturstufen nebeneinander leben.  hamer, mursi und dassinech sind nomadenvölker, deren halbkugelförmige transportable hütten ihnen erlauben, mit ihrem vieh den zu verschiedenen zeiten grünenden weidegebieten zu folgen.  die dassinech schmücken sich mit auffälligen schmucknarben und weißer körperbemalung, die mursifrauen tragen (neben ähnlichen schmucknarben) teller in der unterlippe.  bei den hamer wird der junge per bullensprung zum mann:  per zufall konnten wir so einem ereignis beiwohnen, wo ein halbwüchsiger junger mann mehrfach nackt über mehrere in reihe gestellte bullen springen musste.  die frauen haben je nach stamm unterschiedlich geflochtetes haar, oft mit einer lehm-butter-paste in form gebracht.  gekleidet sind männer und frauen mit einem leder-lendenschurz (der etwas einem minirock ähnelt), frauen oft mit einem zusätzlichen tuch.  frauen und größere mädchen tragen oft babies im tragetuch, männer eher speere (oder auch mal eine kalaschnikow).

was uns auffiel:  die menschen sind allesamt schlank und hochgewachsen und haben in der jugend sehr schöne, im alter würdevolle gesichtszüge  –  man kann sich des eindrucks kaum erwehren, dass der mensch eigentlich mal genau SO aussehen sollte, bevor er sich entschloss, sesshaft, träge und fettleibig zu werden.

konso und hari sind ackerbauvölker, insbesondere die konso haben den ackerbau mit ihrem vorbildlichen terrassenbau zu einer gewissen blüte gebracht.  gestern besuchten wir ein dorf der konso, welches über 900 jahre alt ist und neben den uralten steinernen befestigungsmauern auch jahrhunderte alte tukuls (grasgedeckte rundhäuser aus holz und lehm) zeigten.

natürlich haben wir sehr viel mehr über die lebensgewohnheiten der einzelnen völker erfahren, was hier freilich den rahmen sprengen würde  –  uns fiel aber auf, dass die menschen nicht ärmlich, sondern stolz und auf ihre weise reich wirkten:  reichtum wird hier nämlich in rindern gezählt.

auch hier hatten wir den eindruck, VOR einer möglichweise bevorstehenden großen touristenschwemme das land zu bereisen:  trotz hauptsaison waren wir oft die einzigen ausländischen besucher  –  und wo nicht, war es von anderen touristen zumindest keineswegs überfüllt.

die unterkünfte waren teils einfache, teils sehr komfortable lodges mit mehr oder weniger funktionierenden installationen.  dafür, dass wir hier im tiefsten äquatorialafrika unterwegs sind, hat bislang alles wunderbar geklappt.. 😉

auch die aus d-land mitgebrachten augenmedikamente haben hier einen dankbaren abnehmer gefunden:  zurzeit läuft hier im süden eine augenkampagne an, mit der arme bauern kostenlos von glaukom und katarakt geheilt werden sollen.  der kampagnenleiter war von unserer spende zutiefst berührt  –  und wir erkannten an seiner reaktion, dass er sich mit den medikamenten bestens auskennt, was ja voraussetzung für eine sinnvolle verwendung ist.

in den nächsten tagen werden wir uns wieder nordwärts bewegen und schon montag nachmittag addis abeba im hochland erreichen.  zum abschluss der reise dann noch mal ein eintrag an dieser stelle  –

bis dahin ganz liebe grüße von einer durchweg beeindruckten und begeisterten truppe, die glücklich ist, so etwas noch erleben zu dürfen,

i.a. thomas 🙂