Waterberg

Liebe Leute,

(jetzt auch Bilder zum vorigen Beitrag Etosha)

wir stehen unmittelbar vor der Grenze zu Botswana, mitten in der Kalahari, und werden morgen die Grenze im Nirgendwo überschreiten.  Zugleich feierten wir heute bereits das Bergfest mit Amarula und Klippdrift: 12 Tage liegen hinter uns, weitere 12 Tage nun noch vor uns. 

Die letzten zwei Tage hatten wir am Waterberg verbracht.  Dieser Berg steht historisch für ein äußerst unrühmliches Kapitel deutscher Kolonialgeschichte:  Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Deutschen ihre einzige echte Siedlungskolonie weitgehend unter Kontrolle gebracht, die Einheimischen aber als „Eingeborene“ und „primitive Wilde“ derart schlecht behandelt und übervorteilt, dass diese in Wahrheit äußerst stolzen Völker der Herero und Nama gegen die zunehmende ungewollte Enteignung ihres Landes rebellierten und ab 1904 einige deutsche Polizeiposten angriffen, wohl um diese „Aliens“ zur Heimkehr übers Meer zu bewegen.  Die Deutschen schickten jedoch Verstärkung, und die Herero versammelten sich am abgelegenen Waterberg, um durch die Omaheke-Wüste ins nicht kolonialisierte Betschuanaland (heute Botswana) zu fliehen.  Allerdings besetzten die Deutschen die Wasserlöcher in der Wüste und schossen jeden Herero ab, der sich näherte, so dass zehntausende Menschen dieses Stammes in der Wüste verdursteten und nur wenige das rettende Betschuanaland erreichten.  Bis heute erkennt die Bundesrepublik diesen Völkermord nicht an, um nicht Wiedergutmachungspflichtig zu werden. 

Als wir unserem Führer erzählten, wie sehr wir uns für diese Taten unserer Vorfahren schämten, beruhigte er uns allerdings dahingehend, dass dies ja „normale“ Kriegshandlungen seien und lange her wäre  –  viel mehr tangiere ihn die spätere (jüngere, für ihn noch erfahrbare) Apartheidpolitik der südafrikanischen Nachfolger der Deutschen und die damit einhergehenden Kriegsgräuel während des Befreiungskampfes 1960 bis 1990.  Dies erklärt eventuell die auffällige völlige Absenz von Ressentiments der heutigen schwarzen Mehrheitsgesellschaft gegen Deutsche, einschließlich der direkten Nachkommen der damaligen Kolonialherren. 

Diese Geschichte ist hier merkwürdig allgegenwärtig:  Überall begegnet man deutschen Namen, Ortsteilen, Straßenschildern, und es wird noch genügend Deutsch gesprochen, dass man damit fast überall gut durchkommt.  Das Restaurant der Nationalparklodge am Waterberg ist die ehemalige deutsche Polizeistation, und am Fuß des Berges liegt der kleine Soldatenfriedhof der damals gefallenen deutschen Soldaten. 

Heute ist der Waterberg  – ein lang gezogener Tafelberg, der mit 200 Meter relativer Höhe steil aus der umgebenden tischflachen Halbwüste aufragt –  für sein Tierasyl bekannt:  Als der Caprivistreifen zu Besiedlung freigegeben wurde, brachte man viele der dortigen bedrohten Wildtierarten wie Nashörner und Antilopen hier her, wo sie auf dem Berg mit seinen steilen Flanken in relativer Sicherheit vor Wilderern leben.  Bei unserer morgendlichen Pirschfahrt sahen wir allerdings keine Nashörner (hatten wir ja schon), sondern Büffel und Säbelantilopen.  Mit den Büffeln haben wir die Big 5 damit bereits komplett.. 

Zudem gab es rund um die Lodge auch Paviane, Mungos (Mangusten), Warzenschweine und Dikdiks, eine kleine Waldantilopenart.  Phet konnte sogar ein Erdferkel fotografieren, als wir durch den Buschwald der Bergflanken wanderten. 

Heute Dienstag verließen wir den Waterberg und fuhren mit unserem Overlander auf Pisten durch die Omaheke-Wüste, in der es heute auch einige arg einfache Herero-Dörfer gibt.  In Gobabis erreichten wir den Trans-Kalahari-Highway, der von Windhoek (Namibias Hauptstadt) via Gabarone (Botswanas Hauptstadt) bislang bis Harare (Zimbabwes Hauptstadt) geht.  Kurz vor dem Kalahari Border Post checkten wir in der hübsch angelegten und sehr freundlich geführten Zelda Guestfarm ein, und durften auf einer Wanderung mit den hier im Busch ansässigen San („Buschmänner“), dem eigentlichen Ureinwohnervolk des südlichen Afrikas, einige ihrer wirksamen Medizinpflanzen kennen lernen.  Sie kennen sogar einen enorm giftigen Wurm, mit dessen Sekret sie ihre Pfeilspitzen einreiben und so sehr erfolgreich Jagd auf die schnellen Antilopen machen.  Sie bauen zwar Grashütten, nutzen diese aber eher als Lagerschuppen und schlafen traditionell draußen, um sich bei Angriffen wilder Tiere in Sicherheit bringen zu können. 

Morgen Mittwoch geht es früh weiter, denn wir wollen die nahe Grenze schnell passieren und dann noch bis Maun im botswanischen Okawangodelta fahren, wo wir unsere namibischen Führer und Fahrer verabschieden, die den Wagen zurück nach Windhoek bringen, während wir mit anderen Fahrzeugen unsere Wildtiersafari fortsetzen werden. 

Dazu dann später wieder mehr  –

bis dahin ganz liebe Grüße von einer immer fröhlichen Gruppe,
Thomas