El Nicho – Trinidad – Camagüey

Liebe Leute,

inzwischen befinden wir uns auf dem Weg in den tiefsten Osten der Insel  –
aber der Reihe nach:

Letzten Dienstag konnten wir wie vorgesehen in einem kleinen Motorboot den Hanabanilla-See zwischen den mit günem Regenwald bewachsenen Bergen der Sierra Escambray befahren und beim Dorf El Nicho mitten in der Wildnis an Land gehen.  Das Dörfchen mit knapp 200 Einwohnern liegt geradezu idyllisch im Wald am See mit sauberen Holzhäuschen in blühenden Gärten.  Alle Häuser haben Strom, Wasser und Kühlschrank sowie einen polierten Zementboden.

Die Bewohner leben vom Kaffeeanbau an den Hängen der Sierra: hier wird guter Arabica-Kaffee angebaut und getrocknet, bevor er noch hier von seiner Schale befreit und dann in Säcken verpackt zu den Röstereien geht.  Es gibt einen Dorfladen (mit Bar), eine Schule für die ca. 15 Kinder des Dorfs und einen Medizinposten, der von einem Arzt aus der Stadt  und einer Krankenschwester betrieben wird.  Diese ganz und gar kostenfreie Grundversorgung gibt es noch im abgelegensten Dorf der Sierras und sorgt für die geringste Kindersterblichkeit und höchste Lebenserwartung unter Entwicklungsländern, die hier der von entwickelten Industrieländern in nichts nachsteht.  Das Leben der Familien verläuft freilich sehr friedlich und stressfrei  –  nichts für Aktivisten, die ständig Abwechslung brauchen.  Aber wie viele Menschen der Dritten Welt wären glücklich über so ein Leben, wenn sie denn darüber informiert wären..

Eine kleine Wanderung brachte uns in einen Märchenwald von grün leuchtendem Bergwald und klaren Bächen mit tiefblauen Pools unter im Sonnenlicht flirrenden Wasserfällen, in denen man umschwirrt von elfengleich schimmerndenen Kolibris (sie heißen tatsächlich Wasserelfen) wundervoll baden kann.  Und in einem kleinen Waldlokal gibt es auch die nötigen leiblichen Erfrischungen..  🙂

Auf der mit Sitzen ausgestatteten Ladefläche eines sechsrädrigen, noch aus sowjetischen Militärbeständen stammenden Allrad-Lastwagenmonstrums querten wir schließlich die Sierra auf abenteuerlichen Pisten und durch steilwandige Schluchten Richtung Trinidad, der an der Südküste gelegenen und in reinstem Kolonialstil erhaltenen „schönsten Stadt der Karibik“:
Diese Stadt war einst eine reiche Zuckerstadt, gelegen im Tal der Zuckermühlen nahe der karibischen Küste.  Da sie verkehrstechnisch durch die Sierra vom übrigen Land abgeschnitten war, versank sie nach dem Bau der Hauptstraße nördlich der Sierra in einen jahrhundertelangen Dornröschenschlaf, aus dem sie erst in jüngster Zeit  – nunmehr erreichbar über einige gewagte Gebirgs- und Küstenstraßen –  erwachte und zur Freunde der Bewohner und Touristen als UNESCO-Welterbe nach und nach restauriert wurde.

Hier bezogen wir einige Zimmer in privaten „casas particulares“, wo wir nun bei Cubanern zu Gast wohnten und auch sehr lecker bekocht wurden.
Am Mittwoch 1.Mai schlenderten wir durch die Stadt vorbei an der geschmückten und von einem großen 1.-Mai-Fest fröhlich bevölkerten Hauptplaza und bewunderten die kopfsteingepflasterten Straßen und frisch getünchten Zuckerbaron-Paläste, die heute zumeist öffentliche Museen sind.
Am Nachmittag erfrischten wir uns am Strand in den klaren warmen Wassern der Karibik, und abends staunten wir „bei den Treppen“ der Hauptkirche über Musikgruppen mit heißen Salsarhythmen und die grandios dazu tanzenden Cubis.  🙂

Am Donnerstag wanderten wir abermals im frischen Grün der Sierra Escambray;
und heute Freitag wurde ordentlich Strecke gemacht Richtung Osten, wobei wir bei einigen Stopps einen alten Sklavenwachturm bestiegen (lange Zeit das höchste Gebäude Cubas) und mit Sancti Spiritus eine Stadt besichtigten, die zur gleichen Zeit wie Trinidad gegründet wurde (1514), aber nie so komplett von der Entwicklung abgeschnitten war und heute deshalb deutlich entwickelter wirkt.

Nachmittags erreichten wir Camagüey, die größte Stadt des Zentrums, wo wir mit Fahrradrikschas die Altstadt erkundeten und soeben ein gutes Abendessen an einer der vielen malerischen Plazas vertilgten.

Morgen Samstag werden wir die Sierra Maestra erreichen, das wildeste und höchste Gebirge in Cuba, von wo die jungen Rebellen um Fidel und Ché damals die Revolution gegen Diktator Batista erfolgreich bis nach Havanna trugen.  Dazu später mehr  –

bis dahin ganz liebe Grüße von einer fröhlichen Gruppe aus der Ferne,
Thomas 🙂